Nach den Abkommen zur Aufnahme
diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und Deutschland mussten
Schritte unternommen werden, um das Vorhaben mit Leben zu erfüllen.
Jeder Staat ernannte einen Botschafter und diplomatisches Personal. Der
erste israelische Botschafter war Asher Ben-Natan, ein gebürtiger Wiener
(er verstarb erst im Juni 2014), während Deutschland Rolf Pauls
(1915-2002) entsandte. Teile der israelischen Öffentlichkeit lehnten die
Aufnahme der Beziehungen ab, wie auch die Ernennung von Pauls aufgrund
dessen persönlicher Vergangenheit in den Jahren 1933-1945. Schon 1934
wurde Pauls Offizier der Wehrmacht, nahm am Zweiten Weltkrieg teil,
wurde schwer verwundet und mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet. Nach
Kriegsende nahm er ein Jurastudium auf und wurde später in das
diplomatische Korps der Bundesrepublik integriert.
Die israelische Presse berichtete über
die Ernennung von Pauls und auch über dessen erste Amtstätigkeiten als
Botschafter. Die Zeitung "Davar" schrieb am 12. August 1965 auf der
Titelseite über die Antrittsrede des westdeutschen Botschafters und
zitierte seine Worte: "... Ich komme mit dem einen Gedanken in meinem
Geist: Deutsche und Juden leben im Angesicht der schrecklichen
Vergangenheit, die nicht vergessen werden soll und darf und die wir
nicht vergessen werden. Doch denke ich, dass Juden und Deutsche in die
Zukunft blicken sollten und es unserer Generation auferlegt ist, den Weg
in eine helle Zukunft in Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit gemeinsam
zu ebnen." [Übersetzung aus dem Hebräischen] Aus Pauls' Worten wird
deutlich, dass die offiziellen Stellen in Deutschland im Staat Israel
vor allem das Land der Juden sahen und sich in ihrer Tätigkeit in allen
Bereichen an dieser Ansicht orientierten. Im Laufe seiner dreijährigen
Amtszeit bemühte sich Pauls, die wirtschaftlichen und kulturellen
Beziehungen zwischen beiden Staaten voranzubringen. In jenen Jahren
stellte er sein diplomatisches Geschick in der ihm auferlegten
komplizierten und belasteten Aufgabe unter Beweis. Pauls' weitere
Karriere führte ihn als bundesdeutschen Botschafter in die USA und nach
China.
Bald nach dem Tod des Philosophen Martin
Buber im Jahr 1965 wurde eine Initiative ins Leben gerufen, um ihn mit
der Benennung einer Straße in Westberlin nach seinem Namen zu ehren.
Dafür wurde eine kleine Seitenstraße in Berlin-Zehlendorf ausgewählt,
die zuvor den Namen "Kaiserstraße" trug. Nach Beendigung der Formalien
wurde sie am 13.6.1966 umbenannt. Ein Jahr nach dem Tod Bubers
informierte Rolf Pauls die Tochter von Buber, Eva Steinitz (zuvor Eva
Strauss) über die Umbenennung der Straße. Die Angestellten in der
Botschaft waren anscheinend noch nicht ausreichend im Umgang mit den
hebräischen Namen geübt und entstellten leicht den Vornamen von
Steinitz, wie sie sich auch im Todesjahr von Buber irrten und dieses
bereits zwei Jahre zurück datierten. Heute gibt es in einigen deutschen
Städten Straßen, die den Namen des bedeutenden jüdischen Philosophen
tragen.
Der hier gezeigte Brief kam – zusammen mit zahlreichen anderen
Briefen – vor ca. zwei Jahren als Nachtrag zum Ludwig-Strauss-Archiv in
die Bestände der Archivabteilung der Nationalbibliothek.
Quelle: Ludwig Strauss Archiv, ARC. Ms. Var. 424/7/104